Arbeiten mit RAW-Daten der EOS 300D

Was ist JPEG?

Jeder, der sich mit Digitalfotografie ein wenig beschäftigt hat, wird das JPEG-Dateiformat kennen. Ursprünglich war JPEG nicht explizit als Format für die direkte Aufnahme von Digitalfotos gedacht, denn es gab bei früheren Versionen von JPEG keine Möglichkeit, Bilder verlustfrei zu speichern. Dafür war JPEG dafür gedacht, eine wirksame Kompression von Bildern für das Internet zu ermöglichen, so daß man sich auch Bilder in einer Auflösung von z.B. 800x600 Pixeln über eine Modemverbindung innerhalb weniger Sekunden laden konnte.

Das JPEG-Format erreicht diese Kompression aber nicht ohne Kompromisse: Je kleiner die Datei ist (je höher sie komprimiert wurde), umso geringer ist die Detailauflösung und umso stärker werden sogenannte Kompressionsartefakte. Diese treten auf, weil das JPEG-Format die sogenannte "diskrete Cosinustransformation" für die Kompression der Bildelemente verwendet. Kurz gesagt geht man dabei so vor, daß das Bild in quadratische Segmente zerlegt wird (Größe: z.B. 16x16 Pixel) und diese Segmente in zwei Richtungen mit Schachbrettmustern unterschiedlicher Auslegung (von einem Feld 16x16 über Felder mit 8x8 Pixeln großen Elementen in unterschiedlicher Auslegung bis hin zu Feldern mit nur 1 Pixeln großen Elementen) verglichen werden. Dann wird geschaut, welches Muster mit welcher Gewichtung die Bildelemente einer Ebene am besten repräsentiert. Hinzu kommt, daß vor der eigentlichen Komprimierung eine Umrechnung der RGB-Farben in das HSY-Farbsystem erfolgt, wobei später die Helligkeit mehr Bandbreite (=größere Auflösung) erhält als die Farbinformation. Entsprechend treten bei starker Kompression zuerst Artefakte in der Farbwiedergabe auf, die fast jeder schon einmal als sogenannte Blockartefakte im blauen Himmel eines Bildes gesehen hat. 

Hinzu kommt, daß das JPEG-Format nur für die Darstellung der Bilder auf Computermonitoren optimiert wurde. Das bedeutet, daß pro Grundfarbe eine Auflösung von 8 Bit entsprechend 256 verschiedenen Abstufungen implementiert wurde. Moderne Digitalkameras und Scanner bieten aber eine Auflösung von 12 bis 14 Bit pro Grundfarbe, was bedeutet, daß ein Teil des Dynamikbereichs vom Sensor beim Konvertieren in JPEG verschenkt wird - schlecht, wenn man nachträglich noch Änderungen an der Helligkeit, dem Kontrast oder dem Weißabgleich des Bildes machen will.

Die Antwort: RAW!

Damit man also nicht alle Möglichkeiten einer sinnvollen Nachbearbeitung von der Kamera genommen bekommt, kann fast jede bessere Digitalkamera die Daten auch in einem verlustfreien Format wie RAW oder 16-bit TIFF ablegen. TIFF in hoher Farbtiefe liefert aber sehr große Dateien, da pro Pixel 6Bytes an Daten abgespeichert werden. RAW-Formate kommen aber meist mit einem oder 1,5 Byte pro Pixel aus, da die Digitalkameras pro Pixel wegen des verwendeten Bayer-Rasters nur eine Grundfarbe tatsächlich aufnehmen und die restlichen beiden Grundfarben extrapoliert werden - es genügt aber, die Rohdaten abzulegen und nicht die extrapolierten, drei mal so umfangreichen Daten des fertigen Bildes.

RAW-Dateien bestehen im Wesentlichen direkt aus den Zahlenwerten, die der Wandler des Bildsensors beim Erfassen des Bildes geliefert hat. Canons RAW-Format der 300D (und auch der 10D) enthält daneben auch ein mit den aktuellen Konvertierungseinstellungen erstelltes JPEG-Bild, bei der 300D fest in der Einstellung Mittel/Fein, bei der 10D in der Auflösung wählbar. Dieses Bild kann mit Canons FileViewer-Utility aus dem RAW-File extrahiert werden. Bei den Kameras ab der EOS 40D und der EOS400D hat Canon das Dateiformat und die Endung geändert, die jetzt "CR2" genannten Dateien sind zwar immer noch Rohdaten des Bildsensors, aber parallel dazu wird eine JPG-Datei erzeugt, die sofort mit anderen Programmen weiterverarbeitet werden kann. Auch wird die JPG-Datei jetzt in "Hoch/Fein" ausgegeben, was das deteailreichste Format für JPG bei Canon-Kameras ist.

Möchte man eine JPEG-Datei anderer Größe erhalten, dann kann das Canons Software jederzeit aus dem RAW-File (auch mit geänderten Konvertierungseinstellungen) erstellen.

Die RAW-Datei ist also gewissermaßen das digitale Gegenstück zu einem Negativ: Es ist genau das, was der Bildsensor der Kamera gesehen hat. Da man in der Regel nach dem Einkleben der Abzüge vom Labor die Negative ebenfalls aufbewahrt (vielleicht will man ja mal größere Abzüge haben), sollte man auch die RAW-Dateien der Kamera aufbewahren und sie nicht gleich wieder von der Kamera "wegwerfen" lassen, so wie das bei den Einstellungen auf JPEG-Ausgabe passiert.

Was geht und was nicht

Wenn man in RAW fotografiert, muß man aber mit einer (mehr oder weniger gravierenden) Einschränkung leben: Die Kamera legt zwar eine JPG-Datei an, aber die ist im RAW-File vergraben. Das bedeutet, daß außer Software, die das RAW-Format der EOS 300D kennt, kein Programm und kein Gerät etwas mit den Bildern anfangen kann. Besser ist es bei den neueren Canon-Modellen gelöst, hier werden bei der Aufnahme zwei Dateien erzeugt, davon ein JPEG mit fester oder wählbarer Auflösung (wählbar nur bei den teuren Semiprofi-Modellen).

Das bedeutet zum Beispiel, daß man RAW-Bilder nicht direkt auf einem PictBridge- oder DPOF-kompatiblen Drucker drucken kann. Auch das direkte Brennen der Bilder auf eine CD zum Printen im Fotolabor macht keinen Sinn, da die Labore in der Regel das Format nicht kennen (und selbst wenn sie es kennen, wäre man dann darauf angewiesen, daß das Labor die passende Belichtungseinstellung wählt, da in den RAW-Daten erheblich mehr Belichtungsumfang steckt als ein Abzug liefern kann).

Dafür hat man mit den RAW-Daten wesentlich umfangreichere Möglichkeiten, Korrekturen an den endgültigen Bildern vorzunehmen. Die EOS 300D skaliert z.B. die JPEG-Ausgabe so, daß fast eine Blendenstufe hin zu helleren Tönen in den RAW-Daten unterscheidbar sind, die in der JPEG-Ausgabe nur noch hellstes Weiß liefern. Man kann nachträglich ohne Verlust an Bildinformationen den Weißabgleich ändern, kann Farbsättigung aus dem Bild herausnehmen oder den Kontrast erhöhen oder absenken. Macht man das direkt mit den JPEG-Dateien, dann hat man entweder das Problem, daß man Farbwerte bekommt, denen kein Pixel zugeordnet ist (weil durch das Spreizen eines Histogramms der entsprechende Wert nicht mehr vorkommt) und man aus 256 Abstufungen plötzlich nur noch 200 hat, oder man staucht das Histogramm und erhält als Resultat ein Bild, bei dem beim Skalenwert von 230 schon der hellste Farbton erreicht ist und keine helleren Farbtöne mehr vorkommen. All das passiert mit RAW-Dateien als Original nicht.

Arbeiten mit RAW

Es gibt zwei grundsätzliche Wege, wie man mit den RAW-Dateien arbeiten kann. Man muß sie ja, damit man irgend etwas damit anfangen kann, nach JPEG oder einem anderen gebräuchlichen Bildformat konvertieren, sonst sind sie relativ nutzlos. Dazu kann man entweder Canons FileViewer-Utility verwenden, oder man benutzt eine Software von einem Fremdanbieter. Beides hat Vor- und auch Nachteile, die ich im folgenden erklären werde.

Canons FileViewer-Utility

Canon liefert mit der EOS 300D ein Programm mit, um die Ausgaben der Kamera nachzubearbeiten. Dies ist das FileViewer-Programm, das unter anderem dazu dient, aus RAW-Dateien JPEG- oder TIFF-Dateien zu extrahieren. Es hat allerdings einen gewaltigen Nachteil: Es ist sehr langsam, weil es jede Änderung an den gewählten Konvertierungseinstellungen sofort auf das gewählte Bild überträgt. Das dauert auf einem P-III mit 1 GHz Takt etwa 20s, so daß man beim mehrfachen Ändern der Konvertierungseinstellungen mit Wartezeiten von teilweise mehreren Minuten bestraft wird. Sinnvollerweise ist es aber möglich, mehr als eine Datei mit den gleichen Konvertierungseinstellungen zu bearbeiten.

Der Hauptvorteil von Canons Utility ist, daß die Umrechnung exakt so erfolgt, wie sie die Kamera mit den entsprechenden Parametern auch durchführen würde. Da aber der PC keinen DIGIC-Imaging-Prozessor hat, dauert die entsprechende Verarbeitung allerdings bedeutend länger als die kamerainterne Verarbeitung, die innerhalb von Sekunden abgeschlossen ist.

Was mit Canons FileViewer sehr schnell geht ist die Extraktion der in den RAW-Dateien enthaltenen JPEG-Dateien im Format Mittel/Fein. Wenn einem diese Dateien ausreichen, dann kann man sehr gut mit Canons Utility arbeiten.

Capture One

Die Firma PhaseOne stellt (neben anderen Herstellern) eines der besten RAW-Konvertierungsprogramme für die EOS-Kameras von Canon her. Der Ansatz ist hier ein völlig anderer als bei Canon: Während Canon versucht, die Arbeitsweise des DIGIC-Prozessors in der Kamera möglichst exakt nachzubilden, dabei aber keinerlei Kompromisse in Bezug auf die Bedienbarkeit eingeht, hat man bei PhaseOne versucht, zum Einen die Abbildungseigenschaften von klassischem Diafilm bzw. der fotochemischen Emulsion eines Abzugspapiers mit einer möglichst flüssigen Bedienbarkeit zu kombinieren. PhaseOne stellt nämlich selbst auch digitale Kamerarückteile für Mittelformatkameras her, ist also sozusagen selbst Hersteller von Digitalkameras und benötigt für die Darstellung der Bilder auch eine angepaßte Software. Diese Software ist jetzt so gestrickt, daß sie auf die Bedürfnisse von professionellen Anwender angepaßt ist, die möglichst schnell an der Übersicht den Einfluß der gewählten Parameter auf das fertige Bild sehen wollen und auch ohne Probleme schnell bei bestimmten, problematischen Ausschnitten das Resultat von veränderten Parametereinstellungen erkennen möchten. C1 (abgekürzte Schreibweise von Capture One) ist genau das, was man braucht, um möglichst effektiv vom RAW-Bild zum fertigen JPEG zu kommen.

Übliche Arbeitsschritte bei der Konvertierung

Wie beschrieben, ist in der RAW-Datei oft deutlich mehr an Dynamikumfang enthalten als hinterher für die JPEG-Datei benötigt wird bzw. mehr, als auf dem Ausgabegerät "Computermonitor" dargestellt werden kann. Versucht man trotzdem, den gesamten Dynamikumfang der Rohdaten in 24 Bit Farbtiefe zu kodieren, dann wirken die meisten Bilder flau und Kontrastarm, da der gesamte Kontrastumfang nur von den hellsten Partien des Himmels und den tiefsten Schatten ausgenutzt wird.

Das Vorgehend wird im nächsten Abschnitt beschrieben: Arbeitsschritte bei der RAW-Konvertierung. Wie man die Bilder aufnimmt, damit die Ergebnisse sich gut weiterverarbeiten lassen und gut aussehen, darauf gibt der Artikel Fotos mit der EOS 300D einige Antworten.